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Entwickelung des deutschen Postwesens. 421
legte Verwahrungen gegen dasselbe ein, es begann ein heftiger Kampf, der durch eine Unzahl von Kreisschreiben und Gutachten, von Verordnungen und Verwahrungen, von Denkschriften, Flugblättern, Angriffen und Verteidigungen geführt wurde, in welchen es sich vornehmlich darum handelte, was stärker fei, das kaiserliche Privilegium oder das landesherrliche Recht. Das Haus Thuru und Taxis führte diesen Kamps mit Ruhe und Besonnenheit, und was wahrscheinlich noch mehr zu seinen Gunsten wirkte, seine Posten waren gut eingerichtet und blühten rasch empor. Bald bemerkte man, daß man durch die neue Post schnell, wohlfeil und sicher Briefe nach Brabant, Frankreich und Italien befördern könne, und deshalb strömten ihr viele Briefe zu, was ihr großen Gewinn und vielseitige Anerkennung brachte. Über einen großen Teil des deutschen Reiches, namentlich über die südlichen und westlichen Reichskreise erstreckte sich bald das Thurn-Taxissche Postregal; Bayern, die Pfalz, die geistlichen Reichsfürsten, die Reichsgrafen, die Reichsritterfchaft und die meisten Reichsstädte in jenen Kreisen ließen es in ihren Landen und Gebieten gerne zu, und dort wurden durch dasselbe die Grundlagen des modernen Postwesens gelegt. Sachsen hingegen, Braunschweig - Lüneburg, Mecklenburg und selbst größere Reichsstädte wie Köln, Nürnberg, Frankfurt lehnten es ab und gründeten und unterhielten eigene Postanstalten. In Brandenburg-Preußen wurde es niemals, in den österreichischen Ländern nur teilweise anerkannt und verwirklicht.
Die Einrichtung von Posten in Deutschland wäre eigentlich Sache des Reiches, des Reichstags gewesen, aber da im 16. Jahrhundert bereits das Streben, die Landeshoheit auf Kosten des Reiches immer mehr zu erweitern, in allen Angelegenheiten sich geltend machte, und da im Reichstage einerseits Zerfahrenheit, anderseits Schwerfälligkeit und Unfruchtbarkeit herrschten, so leistete dieser auch hierin nichts. Zwar machte der Reichstag kleine Versuche in der Gründung von Posten; er ordnete z. B. 1522 die Einrichtung einer Feldpost von Nürnberg, dem Sitze des Reichsregiments, nach Wien an, um durch eine solche Verbindung einen etwaigen Zug deutscher Reichstruppeu nach dem türkisch-ungarischen Kriegsschauplätze zu beschleunigen; aber diese, sowie eine ähnliche Gründung vom Jahre 1542 hatte keine Folge und verlies im Sande.
Da sonach das Reich feinen Pflichten in diesem wichtigen Zweige des Verkehrswesens nicht nachkam, so mußten die Staaten, welche die Taxisfche Post in ihrem Gebiete nicht zugelassen hatten, zur Gründung eigener Anstalten schreiten.
In Brandenburg ging unter dem Kurfürsten Albrecht Achilles, welcher meist zu Kadolzburg und Ansbach zu residieren pflegte, in den Jahren 1470 — 86 wöchentlich zwei- bis dreimal eine landesherrliche Botenpost von Küstrin über Berlin, Torgau, Eilenburg, Leipzig, Weißenfels, Weimar, Saalfeld, Kobnrg nach Ansbach. Unter den Kurfürsten Joachim 1. (1499 —1535) und Joachim Ii. (1535 —1571) bestanden Botenposten von Küstrin und Köln an der Spree nach Wittenberg, von wo die Briefe in-
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Extrahierte Ortsnamen: Brabant Frankreich Italien Sachsen Nürnberg Frankfurt Deutschland Nürnberg Wien Brandenburg Berlin Torgau Eilenburg Leipzig Weißenfels Weimar Saalfeld Ansbach Wittenberg
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426 Entwickelung des deutschen Postwesens.
Leipzig nach Dresden 2 Thlr. 15 Gr. und „werden nicht mehr als 20 bis 25 Pfund mitzuführen passiert." Eine Extrapost von Leipzig nach Dresden mit 2 Pferden kostete 12 Thlr., mit 4 Pferden 15 Thlr. Vor Einführung der Fahrposten konnten des Reitens kundige Leute sich mit gemieteten Postpferden den Reitposten anschließen. Ein solches Reitpferd zu mieten kostete z. B. zwischen Dresden und Leipzig 4 Thlr.
Bis 1712 war das sächsische Postwesen an einzelne Unternehmer verpachtet^ in diesem Jahre ging es in die unmittelbare Staatsverwaltung über.
Langsam und ohne große Fortschritte, doch allmählich sich erweiternd und verbessernd, immer aber in denselben Geleisen sich bewegend, hatte sich das deutsche Postwesen bis zum Ende des 18. Jahrhunderts entwickelt. Erst dem 19. Jahrhundert war es vorbehalten, auch darin, wie fast auf allen Gebieten der geistigen und materiellen Kultur die großartigsten Reformen zu ersinnen und durchzuführen. Und auch da sind es erst die letzten vier Jahrzehnte, welche das Postwesen zu dem machten, was es heute ist, zu einem die entferntesten Länder und Völker in kürzester Zeit und mit den geringsten Kosten verbindenden Brief-, Paket- und Geldtransport. Wie weit unsere Väter in dieser Beziehung hinter der Gegenwart zurückstanden, mag dadurch bewiesen werden, daß die Nachricht vom Einzuge der verbündeten Monarchen in Paris am 31. März 1814 erst nach Verlauf von dreizehn Tagen, am 12. April, nach Berlin gelangte.
Fünf Ereignisse sind es, welche den gewaltigen Aufschwung bedingen, den der Nachrichtentransport im Laufe der letztverflossenen 40 bis 50 Jahre nahm: die allgemeine Einführung der Eisenbahnen, die Erfindung und Anwendung des elektromagnetischen Telegraphen, die britische Postreform Rowland Hills, der Abschluß des österreichisch-deutschen Postvereins (1850) und die Gründung des Weltpostvereins (1876).
In Deutschland und Österreich währte, abgesehen von einigen kleineren Territorialpostgebieten, bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts die Dreiteilung in die Thurn-Taxissche, in die österreichische und in die preußische Staatspost fort. Als 1806 das alte deutsche Reich in Trümmer ging, wurde durch die Rheiubuudsakte das Taxissche Postregal aufgehoben und ging an die 39 Einzelstaaten des Rheinbundes über, was eine derartige Zersplitterung zur Folge hatte, daß 1810 in Deutschland nicht weniger als 31 Postverwaltungen neben einander bestanden. Die deutsche Bundesakte restituierte das Taxissche Postregal, fügte jedoch die Erlaubnis hinzu, es durch freie Übereinkunft gegen Entschädigung abzulösen, was auch in mehreren deutschen Staaten geschah. Bis 1850 zählte Deutschland außer Österreich und Preußen noch 15 selbständige Postgebiete.
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436 Verfassungszustände des ehemaligen römisch-deutschen Kaiserreichs.
vom Papste zum Kaiser gekrönt zu feilt, den Kaisertitel angenommen hatte, nannte sich das jedesmalige Reichsoberhaupt „erwählter römischer Kaiser, allezeit Mehrer des Reiches, in Germanien König". Indessen wurde doch zur Führung dieses Titels die deutsche Krönung vorausgesetzt; war diese noch nicht erfolgt, so war der Titel nur: „Erwählter römischer König."
Vereinigte sich in dem Kaiser auch die Reichssouveräuetät, so war er doch keineswegs alleiniger Inhaber der Reichsstaatsgewalt, vielmehr nahmen daran die Reichsversammlnngen, deren Mitglieder Reichsstände hießen, den wesentlichsten Anteil. Nichtsdestoweniger blieb jedoch, wenigstens in der Theorie, jeder einzelne Reichsstand Unterthan des Kaisers.
Die Wahl des Kaisers hatte Kurmainz zu bestimmen, und zwar mußte dieselbe in einer Reichsstadt vor sich gehen. Nach altem Herkommen mußte der zu Wählende ein Franke oder Deutscher sein, d. h. er mußte einem der aus der Monarchie Karls des Großen hervorgegangenen Staaten angehören und konnte nur ehelicher Gebnrt und von hohem Adel sein. Geistliche und Jünglinge unter achtzehn Jahren waren von der Bewerbung ausgeschlossen. Nach der goldenen Bulle brauchte er nur ein „gerechter, guter und gemeinnütziger Mann" zu sein. In betreff der Religion des zu Wählenden war keine Bestimmung getroffen, jedoch konnte sich nur ein Katholik dem dem Kaiser vorgeschriebenen Eide und dem gesamten Krönungsakte, wie er nun einmal gehandhabt wurde, unterziehen.
Das Recht, den Kaiser zu wählen, hatten nach der goldenen Bulle nur die sieben Kurfürsten, nämlich die Erzbischöfe von Mainz (Erzkanzler durch Germanien), Trier (Erzkanzler durch Gallien) und Köln (Erzkanzler durch Italien), der König von Böhmen (Erzmnndfchenk), der Pfalzgraf bei Rhein (Erztruchseß), der Herzog von Sachsen (Erzmarschall) und der Markgraf von Brandenburg (Erzkämmerer). Die pfälzische Kurwürde erwarb im dreißigjährigen Kriege Bayern, dafür wurde im westfälischen Frieden für die Pfalz eine achte Kur geschaffen, die jedoch wieder einging, als 1779 Bayern und die Pfalz vereinigt wurden. Eine nennte Kurwürde war fchou 1702 für Braunschweig -Lüneburg geschaffen worden; dieselbe hieß nun 1779 die achte, bis in den allerletzten Jahren des Reiches auch noch Württemberg, Baden und Hessen-Kassel die Kurwürde erwarben, von denen die beiden ersteren als Königreich und Großherzogtum in den Rheinbund eintraten, während Hessen-Kassel nach seiner Wiederherstellung im Jahre 1814 den unzeitgemäßen Titel wieder ausleben ließ.
Die Kurfürsten erschienen zur Wahl des Kaisers entweder in Person oder wurden durch Gesandte vertreten. Die Wahl (in den letzten Jahrhunderten gewöhnlich in Frankfurt ant Main) ging vor sich, nachdem alle Fremden, welche nicht zum Gefolge der Kurfürsten gehörten, ant Tage vorher die Stadt hatten verlästert müssen. Die Krönung, für welche der Erwählte einen Tag zu bestimmen hatte, sollte zwar in der Reichsstadt Aachen vollzogen werden, jedoch wurde sie in den letzten Jahrhunderten stets in der Wahlstadt vorgenommen, wogegen der Stadt Aachen ein Revers
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Deutsche Reichsgerichte. 453
1hanen eingebrachte Klagen nicht leichtlich Prozeß zu erkennen, sondern vorher um Bericht zu schreiben, auch sich keine mehre Gewalt zuzulegen, als in der Kammergerichtsordnung und den Reichssatzungen enthalten, besonder-lich gegen der Kurfürsten, Fürsten und Stände landesherrliche Rechte aus keine Weise zu verfahren".
Mit dem längst vorausgesehenen Fall des deutschen Reichs fiel auch das Reichskammergericht, nnbetrauert von der deutschen Nation. Aus dem Reichskörper und seinen verschnörkelten Institutionen war längst alles Leben gewichen; die staatlichen Aufgaben konnten nur in den größeren und mittleren deutschen Staaten ihre Verwirklichung finden. Seit dem Jahre 1806, welches die Souveränetät auch den kleinsten Territorien brachte, gab es nur Landesgerichte.
Neben dem Reichskammergerichte war schon sehr bald (1501) ein zweiter oberster Gerichtshof, der kaiserliche Reichshofrat zu Wien, entstanden. Die Mitglieder des Reichshofrates wurden vom Kaiser ernannt mit Ausnahme von sechs evangelischen Räten, welche die evangelischen Stände, und des Vizekanzlers, welchen der Kurfürst von Mainz als Erzkanzler des Reiches bestellte. Der Reichshofrat galt daher auch zunächst als ein vorzugsweise kaiserlicher Gerichtshof, noch in der Reichshofratsordnung von 1654 hieß es: „Die Mitglieder des Reichshofrates sollen Sr. Majestät dem römischen Kaiser allein durch einen teuern Eid verbunden, daher vor allen Dingen ihm jederzeit getreu, gehorsam und gewärtig sein." Nur notdürftig war im westfalischen Frieden Vorsorge dahin getroffen worden, daß der Reichshofrat nicht zur Benachteiligung des einen Religionsteiles, der Evangelischen, mißbraucht werden konnte.
Da es an einer festen Abgrenzung der Rechte beider Gerichtshöfe gegen einander fehlte, fo kamen dieselben öfters in Streit wegen der Grenzen ihrer beiderseitigen Gerichtsbarkeit. So geschah es, daß 1767 der Reichshofrat im Namen des Kaisers an die ausschreibenden Fürsten des oberrheinischen Kreises verfügte, sie möchten auf ein vom Reichskammergerichte ihnen etwa zugehendes Mandat in einer gewissen Rechtssache nichts vornehmen, weil diese Sache schon beim Reichshofrat anhängig fei, daß ein anderes Mal <1765) der Reichshofrat in einer Zivilrechtssache die eine Partei in eine Strafe von 10 Mark lötigen Goldes verurteilte „wegen des an das Reichskammergericht genommenen Absprnnges", während das Reichskammergericht das Gleiche gegen die andere Partei verfügte „wegen des an den Reichshofrat genommenen Absprunges".
In Bezug auf Parteilichkeit und Bestechlichkeit war der Ruf des Reichs-Hofrates um nichts besser als der des Reichskammergerichtes. Im Jahre 1761 lagen Leipzig und Frankfurt a. d. O. mit Braunschweig im Streite wegen gewisser Meßprivilegien. Da übernahm es der Magistrat von Leipzig, für gemeinsame Rechnung die Mitglieder des Reichshofrates, vor dem die Sache schwebte, zu bestechen. Und so findet sich denn in den Akten des Leipziger Ratsarchives eine Rechnung über Summen von je 300 Thaler,
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Extrahierte Ortsnamen: Wien Mainz Leipzig Frankfurt Leipzig Leipziger_Ratsarchives
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Das deutsche Reichsheer. 457
Von Kameradschaft konnte bei solcher Lage der Dinge begreiflicherweise nicht die Rede sein, auch die Subordination ließ viel zu wünschen übrig, und selbst die Ehrlichkeit litt unter der krausen Verwaltung der Truppenteile. Vom Fourier bis zum höchsten Offizier wollte jeder sich bereichern, und fo kam es, daß ein einziges, vielfach zusammengesetztes Kreisregiment mehr kostete, als drei kaiserliche oder preußische Regimenter. Dabei gab es aber nicht selten Kompagnien, bei denen nur 30 Mann im Gliede standen, während für die anderen sieben Achtel, für die „blinden Lücken", die auf dem Papiere geführt wurden, Löhnung, Brot und Kleidung weiter verlangt wurden und der Erlös in die Tasche der Offiziere und Beamten floß. Ja, es kam vor, daß sich die Stände daheim an diesem niederträchtigen Erwerb beteiligten. Desertionen kamen fast täglich vor.
Die Einrichtungen des Reichskriegswesens machten es unmöglich, etwas Großes und Ernstes mit demselben auszurichten. Moser hatte Recht, wenn er im Traktat vom römischen Kaiser behauptet, Deutschland sei ein Staat, der sich zu nichts weniger eigne, als zum Kriegführen, oder wenn er in feiner Abhandlung von den Reichstagsgeschäften erklärt: „die sich bei einem Reichskriege und einer Reichsarmee äußernden Gebrechen sind so groß, auch viel und mancherlei, daß man, so lange das deutsche Reich in feiner jetzigen Verfassung bleibt, demselben auf ewig verbieten sollte, einen Reichskrieg zu führen".
Am günstigsten erscheinen noch die Verhältnisse des Reichskriegswefens in dem großen, gefährlichen Türkenkriege von 1682 bis zum Frieden von Karlowitz (1699). Hier zeigten sich die kirchlich und politisch getrennten Söhne des Vaterlandes ausnahmsweise im edlen Wetteifer vereint; hier verrichteten die Reichskontingente Brandenburgs, Sachsens, Bayerns und selbst des vielherrigeu Schwabens bei dem Entsätze von Wien, bei der glorreichen Erstürmung Ofens und endlich in der Schlacht bei Zenta so ruhmvolle Thaten, daß dieser Krieg als eine Ehrenzeit des deutschen Soldaten noch heute volkstümlich ist. Nicht in dem Sinne, daß der Märker oder der Württemberger, wenn er auf dem Marsche das schöne Lied von dem Prinzen Engen fingt, an Ofen und Zenta dächte, wohl aber ins0fern, als eben das Nachklingen dieses Liedes durch ganz Deutschland bis zum heutigen Tage ein Beweis dafür ist, daß damals, um die Wende des 17. und 18. Jahrhunderts, jene Volksweise dem Gefühle innerer Einheit entsprang.
Den Reichskriegen gegen Frankreich fehlte leider dieser nationale Charakter durchaus. Bayern und Köln scheuten sich nicht, ihre Hände in die blutige Hand des Verwüsters der Pfalz zu legen, um sich mit solcher Bundesgenossenschaft zu höherer Macht emporzuschwingen. Mit französischem Gelde war das bayrische Heer bezahlt, welches ohne Kriegserklärung Ulm wegnahm, um Ludwig Xiv. den Weg nach Wien zu bahnen. Das Reich entsetzte sich über den frechen Friedensbruch; die Stände sicherten die Gestellung des dreifachen Kontingents zur Exekution gegen Bayern zu — aber nicht einmal das Simplum brachten sie auf. Als dann die Opera-
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Karlowitz Brandenburgs Sachsens Bayerns Schwabens Wien Zenta Deutschland Frankreich Ulm Wien
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52 Deutscher Handel am Ausgang des Mittelalters.
Diese Einrichtung wurde selbst noch nach dem dreißigjährigen Kriege festgehalten. Was nicht verkauft wurde, mußte einem Frankfurter Kaufmanne überlassen werden, von welchem es der Hamburger wieder zurückkaufte, der es nun, als in Frankfurt gekauft, weiter führte, meistens wohl mit Frankfurter Fuhrgelegeuheit. Es war dies allerdings nur ein Scheinkauf, denn der Hamburger zahlte, außer den Niederlags- und Umladegebühren, eigentlich dem Kaufmauue iu Frankfurt nur eine Provision. Allein für Frankfurt war dies immer ein großer Vorteil, weil sie gezahlt werden mußte, und es läßt sich wohl denken, daß die Hansestädte sich bald über feste Sätze mit den Frankfurtern geeinigt haben, um jeder Überteuerung vorzubeugen. Schon früh scheint inan auch den, wenigstens später allgemein eingeschlagenen Ausweg ergriffen zu haben, einen Frankfurter Kaufmann als Faktor eines Hamburgschen, Lübeckschen rc. Hauses zu ernennen und zu besolden, einen in der Sprache des Mittelalters sogenannten „Leger", der die Breslauer Waren als Eigentum behandelte und anerkannte, auch wenn er sie uicht bezogen hatte, und im Interesse jenes Hauses weiter beförderte. Dieser Ausweg wurde, obgleich gewiß schou lange benutzt, als eine Begünstigung zwischen den Städten Frankfurt und Breslau im Jahre 1646 gesetzlich anerkannt.
9. Deutscher Handel am Ausgang des Mittelalters.
(9zach: Job. Janssen, Zustände des deutschen Volkes am Ausgange des Mittelalters.
Freibnrg. 1878. S. 353—366.)
J)ie Hansa erreichte ihre höchste Blüte als Handelsmacht im 15. Jahrhundert. Ihr Handelsgebiet erstreckte sich damals über Rußland, Dänemark, Schweden und Norwegen, England und Schottland, Frankreich, Spanien und Portugal, das Innere Deutschlands, Littanen und Polen. Rußland und der skandinavische Norden wurden noch vollständig von den Hanseaten beherrscht, und England befand sich bis zum Schlüsse des Jahrhunderts in Sachen des Handels Deutschland gegenüber in demselben Verhältnis, in welchem sich gegenwärtig Deutschland zu England befindet.
Unter den hanseatischen Städten nahm z. B. Danzig eine wahre Weltstellung ein. Seit dem Anfang des 15. Jahrhunderts stand der dortige Handel mit allen Ländern, welche im Bereiche des hanseatischen Seeverkehrs lagen, von Lissabon im Westen bis nach Nowgorod und Finnland im Osten, in unmittelbarem Verkehr und eröffnete sich außerdem nach Littanen, Polen und Ungarn besondere Wege. Aus den skandinavischen Reichen holten die Kaufleute namentlich Eisen, Kupfer, Pelzwerk, Fischwaren, Pech, Harz, Teer und verschiedene Holzarten und führten dagegen unter anderem feine wollene Tücher, Seidenwaren, Sammet, Metall-waren, Roggen, Weizen, Flachs, Hanf, Hopfen, Öl, rheinische und spanische
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Die Landsknechte. 195
25. Die Landsknechte.
(Nach: Alb. Richter, Die deutschen Landsknechte. Leipzig. 1879. @. 10—36 u. 57—90, und Dr. F. W. Barthold, Georg von Fruudsberg. Hamburg. 1833. Seite 1—85.
"Aaren die Söldnerscharen des ausgehenden Mittelalters in ihrer Zügellosigkeit und Wildheit ein Schrecken des schutzlosen Landvolkes, so ist nicht zu verwundern, daß man allerlei Versuche zur Abstellung dieser Landplage machte. Reichstage faßten Beschlüsse gegen dieses Unwesen, in verschiedenen Landfrieden wurden ihm besondere Paragraphen gewidmet, aber alles war vergeblich.
Da gelang es dem deutschen König Maximilian, auf ähnlichen Grundlagen etwas ganz neues zu schaffen, wovon die Kriegführung bis zum Aufkommen der stehenden Heere beherrscht worden ist. Maximilian schuf die Landsknechte.
Zwar waren diese auch nichts anderes als zum Kriegsdienst geworbene Söldner, aber der Unterschied lag darin, daß Maximilian nicht, wie es bisher fürstliche Kriegsherren gethan hatten, ganze Fähnlein in der Verfassung, die sie sich selbst gegeben hatten, in seinen Sold nahm, sondern daß er seinerseits irgend einem bekannten und erprobten Anführer unter gleichzeitiger Ernennung zum Feldobersten, durch eine Urkunde den Auftrag gab, auf Grund einer gedruckten Kriegsordnung eine bestimmte Anzahl von Söldnern zum Dienst unter dem Reichsbanner anzuwerben. Hierin liegt das Wesen der Neuerung. Verachtete Rotten räuberischen Gesindels wurden zu kaiserlichem Kriegsvolk umgeschaffen. Ein Erfolg dieser Neuerung war, daß auch Männer aus besseren Stünden zu den Landsknechtsfähnlein strömten, daß gar bald auch reiche Bürgerssöhne und selbst Adlige es nicht für eine Schande hielten, Landsknechte zu sein.
So ist Maximilian der Schöpfer der Landsknechte geworden; der oberste Feldhauptmann aber, der ihm bei dieser Neuschöpfung, bei dieser Umgestaltung des alten Söldnerwesens die wesentlichsten Dienste geleistet hat, ist Georg von Fruudsberg, den die deutschen Landsknechte selbst den „Vater der Landsknechte" nannten.
Die Annahme, daß mit dem Namen „Landsknechte" Krieger gemeint seien, die aus den eigenen kaiserlichen Landen geworben waren, empfängt ihre Bestätigung durch eilte im Jahre 1495 zu Worms erlassene kaiserliche Bestimmung über die Annahme der Söldner aus den Landschaften im Reich, in welcher es u. a. heißt: „Item, fo die jährlich Versammlung bedenken und beschließen würde, sölduer aufzuuemen, sollen dieselben von Personen auß allen landen im heiligen reich, durch Fürsten, Grafen, Freiherrn und ritterschast, auch andere, darzn und zu diesem stirnemen geschickt, vor andere angesehen und ausgenommen werben: doch also, daß kein landtschast in solchem für die anber gezogen werbe."
Bebnrfte ein Kriegsherr eines Heeres, so ernannte er einen altbewährten abligen ober bürgerlichen Kriegshauptmann durch den sogenannten Be-
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Extrahierte Personennamen: F._W._Barthold Georg_von_Fruudsberg Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian Georg_von_Fruudsberg
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444 Verfassungszustände des ehemaligen römisch-deutschen Kaiserreichs.
deutschen Besitzungen des Hauses Österreich, sowie die Kurfürstentümer, welche früher von der Kreiseinteilung ausgeschlossen waren, Aufnahme fanden. Trotz dieser Vervollständigung umfaßte jedoch die Kreiseinteilung nicht alle Reichsstände. Ausgenommen waren z. B. Böhmen mit seinen Nebenländern (Schlesien, Mähren und der Lausitz), das Land der Eidgenossen, die Grafschaft Mömpelgard, die Herrschaften Jever und Schaumburg, die Herrlichkeit Kuiphaufen u. a.; ferner alle diejenigen Gebiete, welche auf den Reichstagen nicht vertreten waren, also die Gebiete der unmittelbaren Reichsritterschaft, die ganerbschaftlichen Orte und die reichsfreien Dörfer. Die zehn Kreise waren: der österreichische, bnrgnndische, niederrheinische (Kurfreis), fränkische, bayrische, schwäbische, oberrheinische, westfälische, obersächsische und niedersächsische.
Nirgends ist übrigens klarer zu Tage getreten, daß man den Vorrechten der Stände alles, den Vorteilen des Volkes nichts zuliebe that, als bei dieser Reichseinteilung. Man hatte eigentlich nicht das Reichsgebiet, sondern die Reichsstünde geteilt. Daher die wunderliche Erscheinung, daß die Grenzen der den einzelnen zu einem Kreise vereinigten Reichsständen zugehörigen Länder oft auf das bunteste und verworrenste durcheinander liefen. So war besonders der Kurkreis fast über das ganze Reichsgebiet tiersprenkelt, und der burgundifche Kreis wurde durch das zum westfälischen Kreise gehörige Bistum Lüttich in zwei Hälften gespalten. Es ward infolgedessen der Zweck der ganzen Einteilung, die Ausführung der Beschlüsse der Reichsgerichte zu erleichtern und ein geregeltes deutsches Wehrsystem herzustellen, auch nur sehr unvollkommen erreicht.
An der Spitze eines jeden Kreises stand ein kreisausschreibender Fürst und das Kreis-Direktorium. Der kreisausschreibende Fürst hatte die Versammlungen der Kreisstände, die sogenannten Kreistage, einzuberufen; das Direktorium leitete die Geschäfte auf den Kreistagen und während der Zwischenzeit, vollzog die gegen einen Stand feines Kreises ergangenen Urteile der höchsten Reichsgerichte, nahm alle an den Kreis eingehenden Sachen an und teilte sie den übrigen Ständen mit.
Einzelne Kreise hatten nur einen kreisansschreibenden Fürsten, andere zwei, einen geistlichen und einen weltlichen, und nach dem westfälischen Frieden hatten zwei Kreise deren sogar drei. Zum Glück saßen diese Fürsten, fast immer die mächtigsten ihrer Kreise, in den meisten Fällen auch im Direktorium und zwar, wo es mehrere waren, abwechselnd. Es beuchte dies alles auf Herkommen, nirgends gab es eine feste Regel, und fo hatten sich denn die verschiedenartigsten Bräuche in den verschiedenen Kreisen herausgebildet.
Neben den gedachten beiden Ämtern war schon von Maximilian I. für jeden Kreis ein Kreis-Hauptmann, später Kreis-Oberst genannt, bestellt worden, dem der Befehl und die Oberaufsicht über die Kriegsmacht und das Kriegsgerät des Kreises zufallen sollte. In vielen Kreisen ging jedoch dieses Amt sehr bald wieder ein.
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454 Das deutsche Reichsheer.
die an zwei Reichshofratsmitglieder (darunter der Vizepräsident, ein Graf)^ und von je 200 Thaler, die an zwei andere Mitglieder dieser Behörde ausgezahlt und von diesen angenommen worden waren.
In politischen Prozessen kam es darauf an, ob der verklagte Reichsstand — ein Fürst oder ein reichsstädtischer Magistrat — beim Kaiser und bei den mächtigen Ständen in Gunst oder Ungunst stand. Darnach richtete sich wohl häufig das Urteil, im ersteren Falle des Reichshofrates, im zweiten des Reichskammergerichts, und darnach mochten auch im voraus die Klüger ihre Entscheidung treffen, an welches von beiden Gerichten sie sich wenden wollten.
52. Das deutsche Reichsheer.
(Nach: M. Jähns, Zur Geschichte der Kriegsverfassung des deutschen Reiches. Preußische-Jahrbücher. Jahrg. 1877. S. 1 — 28, 113 — 140, 443 — 490. L. Hörmann, Das-Heerwesen des deutschen Reiches im 18. Jahrhundert. Westermanns Monatshefte.
Bd. Vi, S. 369 — 379.)
c&n deutsches Reichsheer gestaltete sich erst in den letzten Jahrhunderten des deutschen Reiches und darf weder mit den Heeren, welche in alten Zeiten durch die Kriegspflicht jedes Freien gebildet wurden, noch mit denjenigen, die aus dem Lehnkriegsdienste der Vasallen hervorgegangen waren, verwechselt werden. Die ersten Versuche zur Gestaltung eines gewissermaßen modernen Heeres fallen in die Zeit der hnssitischen Erhebung.
Nationale und religiöse Feindschaft verliehen dieser Schwung und Schärfe; geniale Persönlichkeiten gaben den Massen Ordnung und Pünktlichkeit. Die Notwendigkeit, sich bis zum letzten Atemzug zu schlagen, um nicht als Ketzer verbrannt oder verstümmelt zu werden, erzwang von jedem einzelnen Mut und Ausdauer; schwärmerische Begeisterung erfüllte mit Hingebung und Gehorsam. Und gegen solche Scharen wurde nun die deutsche Kriegsmacht aufgerufen, welche nur als Schatten jener stolzen Gefolgschaften erschien, die einst den Ottonen das Geleit nach Rom gegeben hatten und auf die gestützt noch Heinrich Vi. die halbe Welt beherrscht hatte. —
Da gab es lose Gruppen von Fürsten, deren jeder, kalt gegen die gemeinsamen Angelegenheiten des Reiches, nach möglichster Unabhängigkeit strebte und taub für die Befehle des Königs kaum dann feine Pflicht erfüllte, wenn er hoch dafür bezahlt ward. Da waren Vasallen, die sich ihrem Lehnsherrn gegenüber ganz ebenso unzuverlässig zeigten, wie dieser selbst gegenüber dem Reichsoberhaupte; da waren üppige, gutgewappnete, aber unbotmäßige Stadtgemeinden, die nur gegen neue Gerechtsame „aus gutem Willen" zu Felde ziehen mochten; da waren rohe Bauernmassen, in äußerster Bedrängnis aufgeboten, uugefchult und von Rittern wie Städtern verachtet; da waren Haufen störrischer, beutegieriger Söldner, heute in
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Extrahierte Personennamen: L._Hörmann Heinrich_Vi Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Westermanns_Monatshefte Rom
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
462 Das deutsche Reichsheer.
Verteidigungsbündnisse und errichteten 1697 eine „Assoziation", durch welche sie sich verpflichteten, auch in Friedenszeiten stehende Truppen zu unterhalten. Obgleich diese Assoziation mehrfach erneuert wurde, so blieben die uns ihr hervorgehenden Anstalten doch sehr unvollkommen, und die Truppen dieser Kreise sind es vorzugsweise, denen der Begriff der „Reichsarmee" seinen späteren spöttischen Beigeschmack verdankt.
Während die Stände noch über die Ausführung der neuen Reichs-Lefensionalverfassung zu Rate gingen, nahm Ludwig Xiv. Straßburg, d. H. <r bemächtigte sich des Schlüssels von Deutschland.
Der westfälische Friede hatte zu jener staatsrechtlichen Form geführt, Don der Friedrich der Große erklärte, sie stelle nur noch „eine erlauchte Republik mit selbstgewähltem Oberhaupte" dar. Die Macht dieses Oberhauptes war aufs äußerste beschränkt, und dafür bezeichnend ist der diplomatische Ausdruck „Kaiser und Reich", der darauf hindeutet, daß erst das Zusammenwirken der Stände mit dem Kaiser einen staatsrechtlichen Willen erzeugte und ein völkerrechtliches Handeln ermöglichte. Als Reichsoberhaupt vermochte der Kaiser weder ein Bündnis zu schließen, noch Krieg zu beginnen, wenn nicht ein Reichsschluß vorlag, als Reichsstand vermochte er das alles, wie jeder andere, auch der kleinste Stand. Doch war ihm in der Wahlkapitulation eingeschärft, zu Widerwärtigkeiten gegen das Reich keinen Anlaß zu geben, noch weniger es in fremde Kriege zu verwickeln. Tie Frage, ob ein Reichskrieg zu führen sei, hing, gleichviel ob es ein Angriffs- oder Verteidigungskrieg war, ab von einem förmlichen Reichsschlnsse, den der von 300 stimmberechtigten Reichsständen beschickte Reichstag zu Ziegensbnrg faßte.
Zwar gab es in Deutschland auch zur Zeit tiefsten Friedens über 600ouo ausgebildete Soldaten; aber weder Kaiser noch Reich hielten als solche stehende Trnppen. Erst wenn auf dem Reichstage ein Reichskrieg beschlossen war, wurde durch Komitialbefchluß die Stärke der Reichsarmee und später deren etwa notwendige Vermehrung festgestellt. Dann erließ der Kaiser die „Exzitatorieu" an die Kreise zur Stellung und Ausrüstung ihrer Kontingente, und von diesen ward aus den Mitteln der Stände die Reichsarmee zusammengebracht. Die Leistungen der Kreise beruhten durchaus auf dem Reichsschluß von 1681, innerhalb der Kreise aber für jeden einzelnen Stand auf der Matrikel von 1521. Relnitions- (Ablöfnngs-) Verträge waren unerlaubt, doch blieb es jedem Reichsstande gestattet, sein .Kontingent von einem andern stellen zu lassen.
Diese reichsgesetzlichen Bestimmungen fanden aber nicht überall rückhaltlose Anerkennung. Unaufhörlich widerstrebten die Kreistage den Beschlüssen des Reichstages, die Stände den Beschlüssen der Kreistage. Die zusammengebrachten Kontingente blieben oft um ein sehr bedeutendes hinter der Zahl der Mannschaften zurück, die sie eigentlich erreichen sollten. Die Reichsritterschaft mit ihren anderthalbtausend kleinen Souveränetäten war Mar ihrer Verpflichtung zum persönlichen Kriegsdienste gesetzlich nicht ent-
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_Xiv Ludwig Friedrich